Sonntag, 23. November 2008

In Gedenken - an diesem Sonntag...


... steht im Kalender "Totensonntag" ich mag diese Bezeichnung nicht, sie hat in meinen Augen etwas Furchteregendes, Gruseliges, das hatte es als Kind schon, nichtsahnend, daß mich im Alter von 16 Jahren genau 4 Tage vor jenem Totensonntag das Schicksal auf traurige Art und Weise darüber belehren sollte, das der Tod zum Leben gehört. Denn an diesem Tag endete meine glücklichste Zeit - mit dem Tod meiner Mutter. Das ist nun 26 Jahre her und seit dieser Zeit gehört das Abschied nehmen von lieben Menschen, von Bekannten, Arbeitskollegen, fast zum Alltag. So viele sind schon nicht mehr hier, und heute, an jenem Sonntag, den ich lieber "Erinnerungstag" nennen würde, oder so ähnlich, möchte ich an all jene denken, die mir einst mehr oder weniger nah standen, an alle, die schon gegangen sind:


"Komm, gieß‘ mein Glas noch einmal ein
Mit jenem bill‘gen roten Wein,
in dem ist jene Zeit noch wach,
Heut‘ trink ich meinen Freunden nach.
Bei diesem Glas denk‘ ich zurück
An Euch, mit denen ich ein Stück
Auf meinem Weg gegangen bin;
Mit diesem Glas trink‘ ich im Sinn
Nach Süden, Osten, West und Nord
Und find‘ Euch in Gedanken dort,
Wo immer Ihr Zuhause seid,
Seh‘ die Gesichter nach der Zeit
In meinem Glas vorüberzieh‘n,
Verschwommene Fotografien,
Die sich wirr aneinanderreih‘n:
Und ein paar Namen fall‘n mir ein."

Ich war noch ein Kind und da war Veronika, die bei mir im Haus gewohnt hat und im Alter von 15 Jahren an einer verschleppten Grippe starb, unsere Nachbarin Frau Hoppe, von allen nur "Mutter Hopp`n" genannt, die mit meiner Mutter stundenlang an der Haustür schwätzen konnte, Dirk, ein Spielkamerad, 3 Jahre älter als ich, sein Leben endete auf den Bahngleisen, noch bevor er 20 war, Viola, Klassenkameradin und "als erste einen Lockenstab-Haber" - Scheiß Alkohol; Schmitti, Stahlwerker - Darmkrebs; Igel (eigentlich Detlef), Steuermann am Konverter, immer dreckig, immer fröhlich, konnte Arbeiten wie ein Tier - Bauchspeicheldrüse, ebenso Vera, Gartennachbarin; Benno und ??? - Arbeitsunfall 1984 - und am Abend wollte wir Party machen; Achim, guter Freund - 3 Tage nach seinem Geburtstag einfach umgefallen; Yvonne, Nachbarin, mit 19 Jahren beim Verkehrsunfall gestorben; Alfred, Arbeitskollege - alter Stiesel (es ist falsch, daß immer nur die Besten sterben) Franz und Klara, die besten Freunde meiner Eltern - irgendwann, weiß nicht woran; Renchen, Paul, Victor, Günter, Berit, ... je länger ich nachdenke, desto mehr fallen mir ein. Allen gilt heute meine Erinnerung, ihr alle fehlt, obwohl sich die Welt weiterdreht. Schön, daß es Euch gab.

"Verwechs‘le ich Euch,
vergaß ich Dich,
Läßt mich mein Gedächtnis im Stich?
Vieles ist schon so lange her,
Kenn‘ ich nicht alle Namen mehr,
So kenn‘ ich die Gesichter doch
Und erinnere mich noch.
Und widme Euch nicht wen‘ger Raum,
Geschrieben haben wir uns kaum.
Denn eigentlich ging keiner fort:
In einer Geste, einem Wort,
In irgendeiner Redensart
Lebt Ihr in meiner Gegenwart."
R.Mey

1 Kommentar:

Blumenmond hat gesagt…

Darf ich mich einfach dann mal einreihen. Angelika, die schon mit mir in den Kindergarten ging, zur Grundschule und die ich dann später in der Realschule wieder traf. Viel zu früh - mit 19 - ein Baum am Wegesrand. Dann Christiane, die ebenfalls sehr jung bei einem Autounfall starb. Das Familiendrama bei den Nachbarn - nicht näher zu erläutern. Und der kleine Junge (den Namen hab ich vergessen - wie schrecklich), der bei meiner Nichte im Krankenzimmer lag ... Aber ich hab noch Glück gehabt und noch nicht so viel Abschied nehmen müssen wie Du. Aber es ist immer gut, mal innezuhalten und zu gedenken.